von Wolfgang Malek
Max Liebenstein wurde am 02.02.1877 in Bad Liebenstein geboren. Sein Vater Josef Bärenz Liebenstein war ein angesehener Kaufmann, der u.a. Gründungsmitglied des MGV Sängerkranz war. Seine Mutter hieß Marianne Levi. Max hatte zehn Geschwister. Von ihnen wanderte Albert 1897 nach Deutsch Südwest-Afrika aus und starb 1962 in einem Altersheim in Südafrika. Max heiratete am 20.Juni 1910 in Wolfhagen Antonie Katzenberg, die dort 1883 geboren wurde. Die Liebensteins hatten im sogenannten Judenhaus gewohnt, aus dem später der „Thüringer Hof“ wurde.
Direkt gegenüber errichteten sie in der Aschenbergstr. 2 ein Kaufhaus, das von Max Liebenstein übernommen wurde. Kerstin und Bernd Schubert aus Bairoda ist bei Renovierungsarbeiten in ihrem Haus ein altes Prospekt in die Hände gefallen und sie haben den Heimatfreunden freundlicherweise davon eine Kopie zur Verfügung gestellt. Im Angebot fanden sich Konfektionen für Herren, Damen und Kinder; Schuhe und Stiefel sowie Teppiche, Herrenhüte, Mützen und Badeartikel – Damen-Blusen, Röcke, Schürzen, Schirme, Stöcke und Rucksäcke.
Die Liebensteins hatten drei Söhne, die infolge der unfassbaren Repressalien alle rechtzeitig das Deutsche Reich verlassen haben. Julius Bertold emigrierte nach Kenia und starb dort 1940. Horst Rolf, der 1912 geboren wurde und in Ilmenau ein Ingenieurstudium erfolgreich absolvierte, floh 1938 in die Vereinigten Staaten und nannte sich dort Harry Horst Livingston. 1946 Gründete er in Hartford die Firma Horst Engineering. Er starb 1998 in Bloomfield Hartford, Connecticut. Hans Julius ( * 3. April 1915 in Bad Liebenstein), 1934 Emigration nach Kapstadt, Südafrika, Heirat 1945, später in die USA,† 17. Dezember 1996 in Vernon Rockville Tolland, Connecticut.
Beim Novemberpogrom 1938 wurden die Geschäfte und Wohnungen der Familien Liebenstein durch SA-Leute überfallen; die beiden Männer wurden in das KZ Buchenwald verschleppt und nach Zustimmung ihrer Enteignung wieder entlassen. 1939 wurde Max Liebenstein zu fünf Monaten Gefängnis verurteilt, weil er „gehässig und bösartig über Wirtschaftsangelegenheiten des Deutschen Reiches“ gesprochen haben soll. In der Annahme, mit dem Wegzug in die Anonymität einer Großstadt besser geschützt zu sein, zog er mit seiner Frau nach Frankfurt. Antonie Liebenstein starb am 28.05.1941 eines natürlichen Todes im Krankenhaus der jüdischen Kultusvereinigung.
Herbert Begemann vom Brüder-Schönfeld-Forum e.V. in Maintal (http://www.brueder-schoenfeld-forum.de/) ist auf unserer heimatfreunde-web auf die Familie Max Liebenstein aufmerksam geworden. Er hat genau die Umstände recherchiert, die zum grausamen Tod von Max Liebenstein geführt haben. Denn noch vor der verhängnisvollen Wannseekonferenz wurde Max Liebenstein in einer der ersten Transporte überhaupt am 22.11.1941 mit Tausend anderen meist jüdischer Personen nach Kowno gebracht und ist dort am 25.11.1941 von der Gruppe um SS-Standartenführer Jäger ermordet worden. Der Maintaler Verein hat den bei diesem Transport Umgekommenen ein Denkmal errichten lassen.
Der „Jäger-Bericht“ wurde von dem SS-Standartenführer Karl Jäger verfasst. Jäger war Befehlshaber des Einsatzkommando 3, einer Untereinheit der Einsatzgruppe A. Der Bericht enthält eine Aufstellung aller von Juli bis November 1941 ermordeten Juden, Kommunisten und politischen Kommissare in Litauen und Weißrussland. Innerhalb dieser fünf Monate ermordeten allein die Angehörigen des Einsatzkommandos 3 laut dieser detaillierten Aufstellung 137.346 Menschen. Um das Unfassbare begreifen zu können, sollte man diesen Jäger-Bericht lesen. Kein anderer Bericht eines Einsatzkommandos zeichnet den geographischen Verlauf und die stärker werdende Einbeziehung von Frauen und Kindern in das Mordgeschehen so präzise nach. Daher wird der Jäger-Bericht in der Holocaustforschung als „Schlüsseldokument“ angesehen.
Weiter Informationen und Dokumente zu Max Liebenstein finden sich auf der Internetseite der Natur- und Heimatfreunde Bad Liebenstein.